Mittwoch, 5. März 2008

Bailé Funk- Bewegt und zerstört

Mata, mata! – Töte! Töte!“ – MC Catra schreit die Parole vielfach wiederholt in die johlende Masse. Mehrere tausend Hände recken sich ihm entgegen. Heiße schwüle Tropenluft, um dreißig, vierzig Grad. Alles kocht. Der Sound ist lauter als bei Techno-Raves. Zehntausend Watt wummern aufs Zwerchfell. Die Bässe peitschen die tanzenden Jugendlichen auf.
„Putaria! – Hurerei“, schreit Mr. Catra mit seiner Rottweiler-Stimme ins Mikrofon. An seinen Hosen ziehen minderjährige Mädels – provokant, attraktiv, jung und heißblütig mit frech-lasziven Hüftschwüngen und wehenden Haaren. „Sie kam in mein Haus, holte mein Ding raus, und als sie es sah, flippte sie aus. Als sie mein Instrument spürte. Ich möchte Dich sehen, wenn Du Deine Hüften schwingst, mit dem Ganzen in Dir“, fordert Catra auf der Bühne.
Der Refrain kommt aus heiseren Kehlen in Chören bellend zurück. Das Adrenalin steigt, die Jungs kreuzen die Arme über dem Kopf, formen mit den Fingern Pistolen. Ab und zu hört man einen Schuss. Doch dann schlägt der Ex-Dealer fromm angehauchte Töne an. „Der Herr ist mein Hirte“, brüllt der Schwarze mit der überwältigenden Ausstrahlung jetzt. Wenn der Rapper von der Bühne predigt, saugen die Jugendlichen jedes seiner Worte auf, während an provisorischen Buden Bier verkauft wird und aromatischer Marihuanageruch alles einnebelt. Kokain und Crack kann man an jeder Ecke kaufen. Millionen von Kids tanzen jedes Wochenende auf den Partys. „Ich weiß nicht, wie man Samba tanzt“, gibt Viviene zu. Funk mag sie lieber: „Die Musik gefällt mir, ich mag nur Funk!“
Und den Jungs gefallen die Mädels. „Wenn sie tanzen, sieht das gut aus. Das ist so verrückt, das kann man sich kaum vorstellen!“, schwärmt ein 14-Jähriger. „ Auch die Texte seien gut, sagen die Jugendlichen, denn: „Das ist unsere Realität!“ Catra ist die Stimme der Geächteten aus den Ghettos. Er fasst ihre Realität am besten in Worte, Baile Funk heißt für sie sozialer Widerstand.
-Georgia Schultze

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